Entferntes Abspielen

In den ersten Tagen nach Erscheinen der neuen Receiver-Generation gab es einige Meldungen mit Problemen bei der Nutzung von Timeshift oder Aufnahmen am Zweitreceiver. Grund genug, sich diesem Thema etwas im Detail zu widmen. Auch wenn man das auf den ersten Blick nicht glaubt, gibt es dabei viel zu entdecken und so wird dieser Artikel sicher auch im Laufe der Zeit noch weiter anwachsen.

Timeshift am Zweitreceiver

Den Anfang machen wir aber mal mit der Nutzung von Timeshift am Zweitreceiver. Neben dem Zugriff auf die Aufnahmen des Hauptreceivers mit allen anderen Receivern des Haushalts, ist das wohl einer der Komfortfunktionen von Entertain – wenn auch mittlerweile Standard bei den meisten Herstellern. Doch die Funktion entwickelte sich immer weiter und auch wenn sie in ihren Grundzügen immer noch das bieten soll, was  man von Timeshift einfach erwartet, gibt es doch einige Eigenheiten zu beachten und darauf will ich in diesem Artikel eingehen.

Entertain (alt)

Ohne jetzt zu sehr in der Vergangenheit zu wühlen, lohnt vielleicht doch ein kleiner Rückblick, denn so selbstverständlich ist diese Funktion nicht. Zwar ist das Abspielen von Aufnahmen am Zweitreceiver (in SD) schon länger möglich, jedoch kam die Verfügbarkeit von „entferntem Timeshift“ erst relativ spät mit Client 2.2 Anfang 2013. Als kleine (sinnvolle) Besonderheit, wird bei Zweitreceivern mit eigener Festplatte diese lokale Festplatte für Timeshift genutzt und kein Hauptreceiver benötigt. Ist keine eigene Festplatte vorhanden, der Hauptreceiver aber an oder im Standby Modus, ist der Ablauf wie folgt:

In der linken Grafik seht ihr den Netzwerkverkehr am Zweitreceiver, rechts den am Hauptreceiver. Dazu ein paar warme Worte:

  1. Los gehts ab Sekunde 0. Der Zweitreceiver schaltet auf einen TV-Kanal. Um schnell ein Bild anzuzeigen, bekommt er den Kanal per Unicast mit erhöhter Bitrate per Unicast zugespielt (blaue Linie). Das dauert wenige Sekunden.
  2. Nach dieser Phase wird auf Multicast umgeschaltet (braune Linie).
  3. Nach 45 Sekunden wird am Zweitreceiver die Pausetaste gedrückt. Damit wird Multicast unterbrochen und der Buffer mit Inhalten vom Haupt-Receiver gefüllt (rote Linie).
  4. Nach 50 Sekunden wird Play gedrückt und weitere Inhalte vom Hauptreceiver per Unicast abgerufen.
  5. Nach 60 Sekunden ist wieder ein Kanalwechsel und der Kanal läuft einfach eine Minute ohne Timeshift ganz normal durch – erst schnelles Umschalten, dann Multicast.

Gleichzeitg am Hauptreceiver:

  1. In den ersten 20 Sekunden bekommt der Hauptreceiver vom Kanalwechsel gar nichts mit.
  2. Dann tritt der Hauptreceiver dem gleichen Multicast-Signal bei, wie der Zweitreceiver und puffert es auf der Festplatte – erst ab diesem Zeitpunkt (also etwa 20 Sekunden nach Umschalten) ist Timeshift auf dem Zweitreceiver möglich. Der Zweitreceiver kann auch später bis zu diesem Zeitpunkt zurückspulen. Da es sich um Multicast handelt und dieser vom Router bzw. Switchen im Heimnetz vervielfältigt wird, kostet das keine zusätzliche Bandbreite auf der DSL-Strecke. Im Fall von Power- oder WLAN ist die zusätzliche Belastung des Hauptreceivers durch weitere Receiver aber natürlich zu berücksichtigen. Idealerweise sollte also insbesondere der Hauptreceiver möglichst per Kabel angeschlossen werden.
  3. Nach 45 bzw. 50 Sekunden ruft dann der Zweitreceiver diesen Puffer ab und der Hauptreceiver empfängt weiter den Multicast für den Kanal bis der Zweitreceiver den Kanal wechselt. Dann beginnt das Spiel von vorn.

EntertainTV – MR400/200

Bei EntertainTV läuft es etwas anders – insbesondere bei der „alten“ Software der MR200/400. Zum einen wird hier auch bei vorhandener Festplatte der Hauptreceiver für Timeshift benötigt (aufgrund des zusätzlichen Speichers im Gerät für das Betriebssystem wird die Festplatte damit in Zweitreceivern überflüssig und kann auch ausgebaut werden) und zum anderen läuft die Übertragung an den Hauptreceiver etwas anders. Dazu vielleicht auch wieder den Netzwerkverkehr der beiden Receiver:

Wie man schon auf den ersten Blick sieht, unterscheidet sich das deutlich vom alten System. Fangen wir wieder mit dem Zweitgerät an:

  1. Das schnelle Umschalten in den ersten Sekunden ist wieder sehr ähnlich.
  2. Sobald jedoch der Multicast empfangen wird, sendet der Zweitreceiver mit gleicher Bitrate dieses Signal per Unicast weiter an den Hauptreceiver. Das TV Signal kommt also einmal eingehend an den Zweitreceiver per Multicast und wird nach dem schnellen Umschalten zeitgleich per Unicast an den Hauptreceiver als Timeshift Puffer geschickt.
  3. Mit dem Drücken der Pausetaste bzw. Fortsetzen des Timeshifts ergeben sich dann folgende Streams:
    1. Multicast eingehend
    2. Unicast des aktuellen Signals ausgehend an Hauptreceiver
    3. Unicast des „alten Signals“ zurück vom Hauptreceiver an den Zweitreceiver
  4. Mit dem Umschalten beginnt das Spiel von vorn.

Am Hauptreceiver:

  1. bereits nach wenigen Sekunden wird der Timeshift Buffer gefüllt und Timeshift steht am Zweitreceiver zur Verfügung. Der Hauptreceiver empfängt das originale Signal per Multicast gar nicht, er ist lediglich ein Netzwerkspeicher für den Zweitreceiver.
  2. Bei Nutzung von Timeshift erhält er weiter per Unicast das aktuelle TV Signal eingehend, während er die alten Daten dem Zweitreceiver zurückschickt.

Zusammengefasst kann man sagen, dass die MR200/400 am Zweitreceiver deutlich mehr Netzwerkperformance benötigen (im Timeshift-Fall 2x eingehend und 1x ausgehend die Bitrate des TV Signals). Am Hauptreceiver sieht das Bild dagegen ähnlich wie bisher aus, lediglich ist das Eingangssignal Unicast innerhalb des Heimnetzes und nicht der Multicast.

Auf den ersten Blick scheint das neue System eher von Nachteil zu sein. Warum man sich dafür entschieden hat, wird eigentlich erst dann klar, wenn man bedenkt, dass die neue Plattform Sender auch per Unicast anbietet – denn da funktioniert „der Trick“ nicht, den Hauptreceiver einfach mitlauschen zu lassen, hier würde für einen weiteren Unicast die doppelte Bandbreite anfallen. Aber das Thema entferntes Timeshift bei Unicast gehen wir im späteren Verlauf des Artikels noch mal genauer an.

EntertainTV – MR401/201

Mit der neuen Software wurde das entfernte Timeshift noch mal überarbeitet. Es ist jetzt irgendwo zwischen den bisherigen Verfahren angesiedelt. Aber vielleicht auch hier erstmal die Grafiken:

Fangen wir wieder mit dem Zweitreceiver an:

  1. Umschalten wie gewohnt
  2. Dann kommt ebenfalls wie gewohnt der Multicast, allerdings im Gegensatz zum MR200 gibt es keinen Unicast zum Hauptreceiver.
  3. Mit der Nutzung von Timeshift wird dann per Unicast das Signal vom Hauptreceiver übertragen.

Am Hauptreceiver:

  1. erst nach etwa 30 Sekunden empfängt der Hauptreceiver das gleiche Multicast-Signal, wie der Zweitreceiver und befüllt den Timeshift Puffer. Im Vergleich zu den „alten“ Entertain Systemen, ist Timeshift hier also erst 30 Sekunden nach dem Umschalten verfügbar.
  2. Bei der Nutzung von Timeshift wird per Unicast an den Zweitreceiver übertragen und der Multicast so lange weiter aufgezeichnet, bis der Zweitreceiver den Kanal wechselt.

Also wie angedeutet, setzt das ganz neue System wieder auf eine ähnliche Strategie, wie das alte Entertain und empfängt den Multicast-Kanal am Hauptreceiver einfach mit, statt den Zweitreceiver damit zu belasten. Allerdings ist die „Wartezeit“ mit 30 Sekunden recht vorsichtig gewählt – hier soll wohl sichergestellt werden, dass der Multicast nicht schon empfangen wird, während der Zweitreceiver noch im schnellen Umschalten via Unicast ist. Wie mir auf Nachfrage mitgeteilt wurde, wird das System aber noch mal angepasst werden. Einerseits fällt auf, dass der Zweitreceiver im Timeshift weiter Multicast empfängt, was eigentlich nicht nötig wäre, und ausserdem tritt bei Unicast das oben genannte Problem auf, dass Timeshift nur möglich ist, wenn die doppelte Bandbreite verfügbar ist, um den Kanal 2x zu empfangen. Das soll sich mit einem der nächsten Updates noch mal ändern, weshalb ich den Unicast-Timeshift Fall erst später nachliefern werde.