Verzögerung und Qualität

Anlässlich der EM 2020 (die 2021 stattfindet) dachte ich mir, wäre es an der Zeit mal die Verzögerung und Qualität von MagentaTV im Vergleich zu Sat und Kabel zu untersuchen. Zumindest das Thema Verzögerung schaut sich auch der heise-Verlag regelmässig an, so auch dieses Jahr: Nachgemessen: Wer jubelt am TV zuerst beim Fußball-Event EURO 2020 | heise online

Da ich so einen großen Vergleich der Anbieter selbst kaum leisten kann, sei an dieser Stelle auch auf diesen Artikel verwiesen. Und bevor es losgeht noch ein kleiner Disclaimer: Ich habe natürlich auch nicht das Equipment diesen Vergleich wissenschaftlich fundiert aufzuziehen. Es scheitert z.B. schon daran, dass ich nicht Sat, Kabel und MagentaTV innerhalb eines Zimmers habe, d.h. ich habe Sat und Kabel unabhängig voneinander mit MagentaTV vergleichen müssen. Außerdem ermittle ich die Verzögerungen „analog“, d.h. auf Sicht. Das funktioniert während der EM glücklicherweise recht gut durch die angezeigte Spielzeit – aber aufgepasst, die Anzeige ist nicht synchron zwischen der ARD und den Telekom-Kanälen. Einfach die Uhr ablesen funktioniert also leider senderübergreifend nicht. Ich habe mich daher an bestimmten Bildinhalten orientiert. Erwartet hier also keine wissenschaftliche Arbeit mit Verzögerungsangaben in Millisekunden.

Allerdings ist so oder so fraglich, ob es so einen genauen Vergleich überhaupt braucht. Zumindest bei MagentaTV ist die Verzögerung auch nicht konsistent, sondern pendelt immer so +-1 Sekunde. Ich schiebe das einfach mal auf die FCC-Funktion. Beim Umschalten wird der STB der Stream per Unicast vom letzten i-Frame an geschickt und bei einer GOP von 2 Sekunden, ist das halt mal mehr, mal weniger in der Vergangenheit. Zu Mediaroom-Zeiten, als die Funktion noch ICC hiess, wurde mal beworben, dass die STB innerhalb der ersten Sekunden durch „Verwerfen“ von Bildern sich wieder aufsynchronisieren, aber auch dort waren mehrere STB nie synchron. Im Bereich Web-Streaming sieht es ähnlich aus, hier werden bei MagentaTV beispielsweise 2sec Fragmente eingesetzt – je nachdem wie alt das Fragment bzw. die Playlist zum Einstiegszeitpunkt ist, schwankt auch hier die Verzögerung +-2 Sekunden. Ausßerdem spielt beim Download der Fragmente auch die Internetgeschwindigkeit eine Rolle – je schneller die Datei geladen ist, desto weniger Startverzögerung gibt es.

Doch selbst das gleiche Quellsignal variiert je nach Endgerät – z.B. ist dvbviewer im Vergleich zum VLC und MR401 mit dem gleichen IPTV-Multicast in Standardeinstellungen eine Sekunde voraus. Entsprechend denke ich, dass diese Schätzmittelwerte für einen Vergleich absolut ausreichen.

Aber genug der Vorworte, kommen wir zu den Ergebnissen, die Verzögerung ist jeweils relativ zum schnellsten mir verfügbaren Signal, also MagentaTV Fußball 1 – myTeamTV HD – ab sofort mit EURO HD abgekürzt.

Anbieter/Empfangsart/Sender/GerätVerzögerung
MagentaTV IPTV – EURO HD – MR6010
MagentaTV IPTV – EURO UHD – MR6010,5
ASTRA Sat – Das Erste HD – MR6011
vodafone Deutschland Kabel – Das Erste HD – dvbviewer6
MagentaTV IPTV – Das Erste HD – MR6018
MagentaTV iOS 3.6.0 – EURO HD9
MagentaTV Stick – EURO HD10
MagentaTV Android 3.8.0 – EURO HD – Huawei P20 Pro10
MagentaTV iOS 3.6.0 – Das Erste HD18
MagentaTV Stick – Das Erste HD19
MagentaTV Android 3.8.0 – Das Erste HD – Huawei P20 Pro19
MagentaTV Chrome – EURO HD 21
MagentaTV Chrome – Das Erste HD30
MagentaTV AndroidTV – EURO HD35
MagentaTV AndroidTV – Das Erste HD44

Die ersten 3 Kandidaten habe ich nicht genau differenzieren können. Die Unterschiede liegen innerhalb der „Messtoleranz“, daher teilen sie sich für mich den ersten Platz. Im Vergleich zu heise komme ich bei vodafone Deutschland im bayerischen Netz zu einer etwas größeren Verzögerung von gut 5 Sekunden zum Sat-Signal. Hier gilt aber der Disclaimer, dass der Wert „errechnet“ ist aus den Abständen zum IPTV-Signal – wie gesagt habe ich keine Möglichkeit Sat und Kabel am gleichen Ort zu empfangen.

Mehr oder weniger abgeschlagen folgen die OTT-Varianten von MagentaTV. Hier lässt sich lediglich durch Verwendung der Telekom-eigenen EURO Kanäle der Abstand zu Kabel und Sat etwas verkürzen. Je nach Endgerät ist das aber nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Während der MagentaTV Stick, Android und iOS (und laut heise auch AppleTV) einigermaßen mithalten können, sind Webseite und AndroidTV (sowie laut heise auch der FireTV) schon deutlich abgeschlagen.

Doch warum ist das je nach Endgerät so unterschiedlich? Letztlich nutzen bei MagentaTV alle Endgeräte, ob IPTV oder OTT-Gerät/App das gleiche Signal aus dem gleichen Encoder. Bei IPTV müssen die Streams danach noch verschlüsselt werden, das kostet vergleichsweise am wenigsten Zeit, was die Führung der IPTV-Varianten der Telekom-Sender vorhersehbar machte. Der Rückstand bei ARD-IPTV zum ARD-Sat-Signal kommt letztlich daher, dass dieses Signal das Eingangssignal jenes MagentaTV Encoders ist. D.h. hier kann IPTV weder in Geschwindigkeit noch Qualität ein besseres Ergebnis liefern. Dazu wäre eine direkte Anlieferung des unkomprimierten Studio-Signals nötig, wie das einige Sender bei MagentaTV machen (allen voran sei hier Sky genannt), die ÖR bieten aber keine Sonderbehandlung für MagentaTV (das gibt die Gebührenordnung wahrscheinlich auch nicht her), es gibt das gleiche vorkomprimierte Signal, wie für alle anderen Anbieter auch. Leider kann dieses bei IPTV nicht 1:1 übernommen werden, weil es in den Peaks mit einem DSL16+ Anschluss nicht mehr übertragen werden könnte. Daher muss es neu kodiert werden.

Bei OTT-Streams kommt dann noch die Zeit des Paketierens dazu. Hier wird das Signal nicht kontinuierlich gestreamed, sondern in Fragmente gepackt. Jedes dieser Fragmente ist im Moment 2 Sekunden lang, also zum Zeitpunkt der Fertigstellung schonmal mindestens 2 Sekunden hintendran. Dann muss die Playlist aktualisiert werden, es findet Caching statt und so fällt das OTT Signal immer weiter zurück. Und letztlich hängt es dann auch noch von den Einstellungen des Clients ab, wie er die eigentlich gleichen Dateien abfrägt, wieviel er cached, um Schwankungen der Geschwindigkeit unbemerkt ausgleichen zu können etc. Dass die MagentaTV Clients hier offensichtlich unterschiedliche Einstellungen haben, zeigen die großen Unterschiede in der Verzögerung, je nach Endgerät. Wobei iOS Geräte auch noch ein anderes Paketierungsformat nutzen (HLS), als die anderen Clients (DASH). Das scheint jedoch im direkten Vergleich iOS/Android nicht mehr die große Rolle zu spielen.

Am Ende ist die Empfehlung für MagentaTV Kunden eindeutig: Wer möglichst früh jubeln will, sollte die EURO-Kanäle der Telekom nutzen. Ob HD oder UHD macht nur einen Sekundenbruchteil aus, hier würde ich bei Verfügbarkeit zu UHD tendieren. Wer den Kommentator nicht mag, hat auch im Vergleich zur ARD auch die Möglichkeit den original Stadionton zu wählen.

Womit wir zum nächsten Punkt kommen, Bildqualität. In diesem Kapitel geht es nicht darum, wer das Tor zuerst zeigt, sondern wer die beste Qualität dabei bietet. Hier muss sich das Bild von Das Erste via Sat, Kabel (vodafone Deutschland) mit dem von MagentaTV messen.

Um zunächst Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen, fangen wir mit dem Bild von „Das Erste“ auf den 3 genannten Plattformen an. Das Referenzbild stammt aus der Totalen – die natürlich mit zum anspruchsvollsten Material gehört, das die Sender so den ganzen Tag zeigen, viele Details, viel Bewegung. Das Bild zeigt einen 1:1 Crop aus dem 720p Signal.

Die Unterschiede muss man im Standbild schon mit der Lupe suchen. Kleiner Tipp, der Ball in der Werbebande wurde sehr schnell animiert, da sieht man bei IPTV und DVB-C minimal Kompressionsartefakte. Ansonsten ist die Bildqualität zumindest in einem ruhigen Bildbereich praktisch identisch.

Blickt man auf die nackten Zahlen, so ist das Ranking einfacher:

  1. DVB-S: 14,6 MBit/s
  2. MagentaTV IPTV/OTT: 7,9 MBit/s
  3. DVB-C: 7,1 MBit/s

Im nicht repräsentativen Vergleich oben merkt man den deutlichen Einschnitt der Bitrate jedoch kaum und letztlich kann man wahrscheinlich sowieso in den wenigsten Fällen zwischen den 3 Alternativen frei wählen. Wie erwähnt nutzen die Apps die gleiche Quelle, wie die MRs. Die Qualität ist also bei den MagentaTV Apps identisch zu IPTV und genauso ähnlich zu DVB-S/C – vorausgesetzt die Bandbreite für das höchste Qualitätsprofil ist konstant verfügbar.

Da wir hier aber ein IPTV Blog sind, müssen wir uns natürlich trotzdem noch den Vergleich mit den MagentaTV Kanälen anschauen – denn diese haben ja die geringste Verzögerung und wir wollen ja nicht nach den Nachbarn jubeln. Also schauen wir uns Das Erste (720p) vs. EURO HD (1080p) vs. EURO UHD (2160p) mal im gleichen Ausschnitt an (ich habe alles mit GIMP kubisch auf 2160p skaliert, damit es der gleiche Bildausschnitt ist – das kann ich nicht mehr in Originalauflösung im Artikel anzeigen, da müsst ihr draufklicken und habt hoffentlich einen Monitor der groß genug ist oder ihr müsst das Bild runterladen und etwas scrollen):

Hier ist die Auswertung deutlich einfacher. Wie zu erwarten, nimmt mit der Auflösung auch sichtbar die Qualität zu. Während bei der ARD nicht mal die Spielernummer 2 des kroatischen Spielers lesbar ist, ist das bei dem HD Sender der Telekom problemlos möglich. Ausserdem sieht man auch eine leicht unterschiedliche Farbdarstellung. Das Rasengrün ist bei den Telekom-Sendern etwas grüner. Aber das ist letztlich eher Geschmackssache. Keine Geschmackssache ist der Sprung zu UHD, damit ist dann sogar mit etwas Fantasie der Name des unteren Spielers lesbar.

Also auch hier ist das Fazit für den MagentaTV Kunden einfach: Wer in möglichst hoher Qualität die EM sehen will, der schaut auf den EURO-Kanälen der Telekom und lässt ARD/ZDF links liegen.